HERZ-INTELLIGENZ

Die Herz-Intelligenz Methode vom HeartMath-Institut

Einführung

Die meisten Menschen würden lieber Freude, Liebe und Dankbarkeit empfinden, als Stress, Angst und Groll, aber irgendwie scheint das nicht so einfach zu sein. Immer wieder geschieht etwas – gefühlt «von aussen», kommt aber in Wirklichkeit zu einem grossen Teil «von innen» -, was uns stresst, bedrückt oder überfordert. Und je stärker der Druck wird, desto mehr funktionieren wir nur noch, anstatt wirklich zu leben.

Ein weiteres Problem chronischen Stresses und anderer negativer Emotionen ist, dass sie sich nicht nur nicht gut anfühlen, sondern sich auch schädlich auf unser Herz-, Immun- und Hormonsystem auswirken.

Positive Emotionen dagegen sind fördernd und regenerierend für unsere gesamten Körpersysteme. Mit der Herzintelligenz kannst du intelligent, kraftvoll und klar denken, fühlen und handeln. Sie ist eine Quelle schneller, intuitiver Weisheit und erhöht sowohl die mentale als auch die emotionale Intelligenz, indem sie alle Körpersysteme koordiniert und kohärent macht.

Das Herz ist ein sehr komplexes, selbst organisierendes, intelligentes System mit einem eigenen Gehirn. Unsere Herzschläge sind nicht einfach nur das mechanische Ticken eines Uhrwerks, sondern eine intelligente Sprache, mithilfe derer das Herz mit unserem gesamten Organismus kommuniziert. Diese Botschaften haben einen substanziellen Einfluss darauf, wie wir die Welt wahrnehmen und auf sie reagieren. Es ist verblüffend, wie unterschiedlich wir die Welt um uns herum sehen, je nachdem, ob wir sie mit unserem Kopf bzw. Verstand oder durch unser Herz betrachten.

Der Verstand, besonders wenn wir mit der (bei den meisten Menschen dominanteren) linken Hemisphäre denken, arbeitet logisch und linear. Das hilft uns dann, wenn wir den Bus erreichen möchten und uns überlegen, wann wir dafür aus dem Haus gehen müssen. Die Herz-Intelligenz dagegen arbeitet wesentlich intuitiver und umfassender und ermöglicht uns den Zugang zu einem unmittelbaren Wissen, welches das lineare Wissen zwar miteinschliesst, aber wesentlich mehr als das ist. Unser Bewusstsein geht damit über die eingeschränkte Perspektive und Fähigkeit des linearen Denkens hinaus und wir werden klarer, effektiver, kreativer – und erfüllter.

Dabei geht es nicht darum, den Verstand und seine Fähigkeiten abzuwerten oder auszuschliessen. Wer seine Herz-Intelligenz zu einem dauerhaften Faktor im eigenen Leben machen möchte, muss Kopf und Herz, Verstand und Herz-Intelligenz in Übereinstimmung miteinander bringen. Erst wenn beide zusammenarbeiten – also kohärent sind – steht uns unser gesamtes Potential zur Verfügung. Im Zweifelsfall, wenn du also unterschiedliche Ratschläge von diesen beiden Ebenen bekommst, ist die Einschätzung des Herzens allerdings meist die sinnvollere und effektivere und es lohnt sich, ihr zu folgen.

Du wirst mit der Zeit spüren, wann eine Information von welcher Ebene kommt und ob deine Gedanken und Gefühle mit dem Herzen verbunden sind oder nicht. Herz-Intelligenz schafft Zusammenarbeit und Kohärenz, und Menschen die kohärent sind, blühen geistig, emotional und gesundheitlich auf.

Es gibt zwei Rückkopplungsmechanismen oder Endlosschleifen, die jeden Tag viele Male in uns ablaufen. Diese Endlosschleifen sind automatische Programme, die, einmal gestartet, sich immer wieder selbst verstärken. Wir sehen uns die beiden Mechanismen zuerst in Hinblick auf ihren Ablauf an, um uns dann mit den einzelnen Stationen näher zu beschäftigen. Je besser du deine Reaktionen verstehst, desto schneller und effektiver kannst du eingreifen. Sehen wir uns zuerst den (vielen Menschen vertrauteren) Stress-Rückkopplungsmechanismus an.

Stress bedeutet, dass uns irgendetwas überfordert, ärgert oder nicht mit unseren Erwartungen übereinstimmt. Es fühlt sich an, als kämen diese Stressauslöser fast immer von aussen, d.h. die uns umgebenden Menschen und Ereignisse in unserem Leben scheinen unseren Stress auszulösen. Dabei entsteht der meiste Stress aber in Wirklichkeit nicht durch Ereignisse, sondern durch unsere Reaktion darauf. Die gleiche Situation, egal ob Fallschirmspringen oder das Kennenlernen anderer Menschen auf einer Veranstaltung, kann für den einen mit Freude, für den anderen mit hochgradigem Stress verbunden sein. Natürlich gibt es Situationen im Leben, die bei jedem Menschen Stress auslösen und sehr belastend sind, aber der weitaus häufigere Stress entsteht aus unseren sehr subjektiven und konditionierten Reaktionen auf Alltagssituationen.

Diese Kombination aus inneren und äusseren Faktoren löst dann eine Kaskade negativer Gedanken und Gefühle aus, die im Sprachgebrauch der Herz-Intelligenz, «Minusgefühle» heissen («Minus» deshalb, weil sie den Organismus psychisch, aber auch physiologisch Energie kosten). Das führt zu einer Inkohärenz der verschiedenen Körper- und dem Hormonsystem. Inkohärenz bedeutet, dass unsere verschiedenen Systeme nicht koordiniert arbeiten, sondern jedes in seinem eigenen Rhythmus tickt. Das ist ein bisschen so, als würden zehn Menschen in zehn verschiedenen Richtungen gleichzeitig an Seilen ziehen, um einen Baumstamm zu bewegen. Und es ist ein Teufelskreis: Stress macht die Kohärenz zunichte, und Inkohärenz erzeugt weiteren Stress.

Chronischer Stress – also eine permanente Überforderung von aussen, aber auch eine innerliche Grundstimmung aus Angst, Sorgen, Groll, Ärger oder Feindseligkeit – ist nicht nur im Moment selbst unangenehm oder gar eine vorübergehende Stimmung. Er verändert uns psychisch und körperlich und macht uns auf Dauer krank.

Es gibt aber genauso auch einen positiven Rückkopplungsmechanismus: Positive Gefühle wie Liebe, Anteilnahme, Mitgefühl und Freude (die sogenannten «Plus-Gefühle») führen zu einer erhöhten Kohärenz im Organismus. Alle Systeme arbeiten harmonisch und effektiv zusammen und die Folge davon ist nicht nur eine verbesserte Gesundheit und ein vermehrtes Wohlbefinden, sondern auch eine viel höhere Leistungsfähigkeit. Auch dieser Rückkopplungsmechanismus verstärkt sich selbst, indem positive Gefühle und Haltungen zu mehr Kohärenz führen, und mehr Kohärenz wiederum zu mehr positiven Gefühlen. Wir können in diesem Zustand auf weitaus mehr Ressourcen zugreifen als im Zustand der Inkohärenz, und wir fühlen uns wesentlich besser. Diesen Zustand der Kohärenz können wir selbst bewusst und aktiv herstellen, indem wir unser Bewusstsein «vom Kopf auf das Herz umschalten».

Sehen wir uns die einzelnen Stationen unserer beiden Rückkopplungsmechanismen genauer an. Dafür stellen wir zuerst die Frage, was genau Stress eigentlich ist und wie er entsteht. Und welche äusseren, aber auch inneren Faktoren dazu beitragen, dass wir uns gestresst und angespannt fühlen. Das Wort «Stress» stammt eigentlich aus der Physik und bezeichnet dort den physikalischen Druck, der auf ein Material, speziell Metall, oder auf einen Gegenstand ausgeübt wird und dort eine Verformung oder Spannung hervorruft. In den 1940er-Jahren übertrug der Mediziner Hans Selye den Begriff auf den Menschen. Seiner Auffassung nach war Stress die Reaktion des Körpers auf jegliche Herausforderung zur Veränderung. Selve war auch einer der Ersten, der nachweisen konnte, dass anhaltender Stress starke Veränderungen in Geweben hervorruft und damit den Körper schädigt.

Einer allgemeineren Definition zufolge ist Stress die körperliche und verstandesmässige Reaktion auf jeglichen Druck, der das normale Gleichgewicht stört. Stress ist also nicht mehr das, was von aussen kommt, sondern die eigene Reaktion darauf. Und auch wenn das vielleicht wie Haarspalterei klingt, so ist es doch ein ganz entscheidender Unterschied und auch eine gute Nachricht: Wenn unsere Lebenserfahrung und Lebensqualität eine Kombination aus inneren und äusseren Faktoren ist, dann haben wir tatsächlich die Wahl: Wir können der Welt entweder weiterhin die Schuld an unserem Stress geben – oder aber erkennen, welch entscheidende Rolle wir dabei spielen und können so wieder die Verantwortung für unsere Reaktion übernehmen. Wir können bewusst unser emotionales «Klima» verändern und anders auf die gleichen Ereignisse unseres Lebens reagieren.

Was genau sind nun die äusseren und inneren Faktoren, die Stress in uns auslösen? Äussere Faktoren sind unter anderem die zunehmende Geschwindigkeit und Informationsfülle, der wir täglich ausgesetzt sind, sowie der stetige Wandel, kombiniert mit einer grossen Unsicherheit in Bezug auf die Wirtschaftslage, den Arbeitsmarkt und globale Themen wie die Klimaveränderung. Was für viele Menschen noch dazu kommt, ist der Leistungs- und Zeitdruck und das dadurch entstehende Gefühl einer permanenten Überforderung. Individuelle Stressfaktoren können Beziehungsprobleme sein, Krankheiten von uns selbst oder von Angehörigen, Schwierigkeiten bei der Arbeit oder ähnliche Probleme.

Innere Faktoren, die Stress in uns auslösen, sind unter anderem andauernde Wut oder Groll, Ärger, Einsamkeit, Sinnlosigkeit, Schuldgefühle, Selbstabwertung, Anspannung, überzogene Erwartungen an uns selbst und andere sowie Unzufriedenheit.

Wenn wir unter Stress geraten, dann laufen im Körper mehr als 1400 physikalische und chemische Reaktionen ab, um diese Nachricht zu verbreiten und drauf zu reagieren. Die beiden wichtigsten Systeme sind dabei unser vegetatives Nervensystem und unser Hormonsystem. Bei Stress wird das Hormon Adrenalin in den Blutkreislauf ausgeschüttet. Es sorgt dafür, dass sich Herzfrequenz und Blutdruck erhöhen, dass unsere Muskeln sich anspannen und die Atmung sich beschleunigt. Das soll uns für eine Kampf- oder Fluchtsituation vorbereiten, was aus der Sicht der Evolution auch lange Zeit sinnvoll war. Bei einer Auseinandersetzung im Büro oder der Supermarktkasse ist das aber heute keine effektive Reaktion mehr. Andere Hormone, wie Noradrenalin und Kortisol, werden bei Stress ebenfalls aktiviert und können noch bis zu sechs Stunden nach dem Stress auslösenden Ereignis (oder Gedanken) erhöht sein. Die ständige Ausschüttung dieser Hormone sorgt langfristig für eine Schädigung des gesamten Organismus.

Ein grosses Problem dabei ist die Tatsache, dass unser Gehirn, wenn wir längere Zeit unter Stress stehen und über einen längeren Zeitraum viel Kortisol produzieren, sich auf diesen erhöhten Kortisolspiegel einstellt und den Körper veranlasst, die erhöhte Kortisolproduktion beizubehalten – und zwar auch dann noch, wenn wir längst nicht mehr unter Stress stehen. Ein chronisch erhöhter Kortisolwert stört unsere Immunabwehr, fördert Osteoperose, setzt die Verwertung von Glukose herab (was oft mit einer erhöhten Fettansammlung an Taille und Hüften einhergeht), reduziert die Muskelmasse, stört die Neubildung von Hautzellen und ihre Regeneration, beeinträchtigt aber vor allem auch unser Gedächtnis und das Lernen und zerstört Gehirnzellen.

Wir gewöhnen uns in gewisser Weise an den Stress, dem wir täglich ausgesetzt sind, und halten ihn für normal; unser Körper dagegen gewöhnt sich nicht daran. Er ist einem ständigem biochemischen Bombardement ausgesetzt und kann die Folgen nach einer Weile auch nicht mehr ausgleichen. Deshalb nützen Entspannungs- und Ruhephasen ab einem bestimmten Punkt nichts mehr, solange der Adrenalin- und Kortisolspiegel permanent erhöht ist. Eine kurzfristige Adrenalin- und Kortisolausschüttung kann unsere Leistung steigern und uns beflügeln – wenn beide Hormonspiegel danach wieder absinken und wir zur Ruhe kommen. Ist der Spiegel dagegen chronisch erhöht, werden wir ernsthaft krank.

Was tun mit unserem Stress?

Wir wissen jetzt, dass Stress, vor allem chronischer, schädlich für uns und unseren Organismus ist. Nun stellt sich natürlich die Frage, was wir mit unserem Stress denn tun sollen, wenn er auftritt. Im Prinzip können wir unseren Ärger oder Stress ausdrücken oder ihn unterdrücken. Zum Unterdrücken zählen Strategien wie ihn zu rationalisieren, ihn schönzureden oder ganz zu verdrängen. Im Allgemeinen gilt die Überzeugung, dass es gesünder ist (zumindest für denjenigen, der sich ärgert), Stress und Ärger auszudrücken und sich damit Luft zu machen. Der Psychologe Aaron Siegman hat allerdings in einer Studie nachgewiesen, dass das nicht richtig ist. Er hat gezeigt, dass Menschen, die ihren Ärger ausdrücken, häufiger Herzerkrankungen entwickeln als diejenigen, die ihren Ärger unterdrücken.

Das bringt uns in eine schwierige Lage – wenn es gleichermassen ungesund ist, unseren Ärger und Stress auszudrücken, wie ihn zu unterdrücken, was bleibt dann noch? Die Forschungen des Instituts für Herzintelligenz haben darauf eine Antwort gefunden: Wir können unseren Ärger und Stress wahrnehmen, dann unsere Aufmerksamkeit auf unsere Herzregion verlagern und die Herzintelligenz für uns arbeiten lassen. Damit können wir die Situation ganz anders wahrnehmen und viel gesünder auf sie reagieren. Statt unseren Stress auszudrücken oder ihn zu unterdrücken, nehmen wir ihn wahr und transformieren ihn auf eine gesunde und effektive Art und Weise.

Wie wir uns selbst, unser Leben und die Welt um uns herum erleben, ist untrennbar verbunden mit unserer Wahrnehmung. Die Wahrnehmung ist der zentrale Punkt, der über unsere Reaktion auf Ereignisse und über unsere Lebensqualität entscheidet.

Es ist interessant, dass jeder Mensch der Ansicht ist, er oder sie nähme die Welt objektiv wahr, also so, wie sie tatsächlich ist, und er oder sie reagiere auf die einzig richtige und sinnvolle Art. Das ist insofern interessant, dass von den ca. 20 000 000 (Millionen) Bits an Informationen, die jede Sekunde auf uns einströmen und von unserem Organismus verarbeitet werden, uns nur zwischen 20 und 40 Bits bewusst werden. Das ist, vorsichtig ausgedrückt, nicht gerade viel. Welche von diesen vorhandenen Informationen uns bewusst werden, hängt sehr von unseren Filtermechanismen ab. Diese entscheiden, was wir wahrnehmen, indem sie das Auswählen, war wir als wichtig empfinden. Was genau das ist, hängt von unseren Erfahrungen, Einstellungen und inneren Programmen ab. Wir nehmen also nicht die Realität um uns herum wahr, sondern nur einen extrem kleinen, gefilterten Ausschnitt davon und reagieren entsprechend dieser minimalen Information. Das gilt besonders dann, wenn wir versuchen, mit dem Verstand Ereignisse zu analysieren und entsprechend zu reagieren. Sind wir dagegen auch mit der Herzintelligenz des Herzens verbunden, können wir auf ein wesentlich grösseres Potenzial an Informationen zurückgreifen, da das Herz zum einen Kohärenz schafft, also ein harmonisches und effektives Zusammenarbeiten von Herz und Verstand, und zum anderen mit einer höheren Intelligenz verbunden ist. Wir können damit wesentlich umfassender, objektiver und freier die Welt um uns herum wahrnehmen und angemessener (und liebevoller) auf sie reagieren.

Es ist also so, dass nicht die Ereignisse selbst Stress in uns auslösen, sondern es ist unsere subjektive Wahrnehmung und Interpretation dieser Ereignisse. Das heisst nicht, dass es keine Situationen gibt, die jeden von uns überfordern, ängstigen oder stressen würden, aber diese sind eher selten. Was viel häufiger der Grund für chronischen Stress ist, sind unsere automatischen inneren Programme und emotionalen Grundhaltungen. Diese filtern unsere Wahrnehmung und setzen eine Kaskade biochemischer Reaktionen in Gang, die dann wiederum auch die folgenden Wahrnehmungen prägen. Ein ängstlicher Mensch filtert aus den Dingen und Ereignissen der Umgebung diejenigen heraus, die potenziell gefährlich sind, und nimmt sie verstärkt wahr. Das hat zur Folge, dass er sich bedroht und verunsichert fühlt und daraufhin noch stärker nach potenziellen Gefahren Ausschau hält. Der Stress im Organismus steigt bei dieser Rückkopplung ständig an und wird irgendwann zu einer Grundhaltung und somit chronisch.

Um aus diesem Kreislauf auszubrechen, müssen wir also unsere Wahrnehmung ändern. Dass das sehr viel leichter gesagt als getan ist, wird jeder von uns bestätigen können, der schon einmal ernsthaft versucht hat, eine Einstellung oder Verhaltensweise zu verändern. Es ist vor allem deshalb so schwierig, weil wir es normalerweise aus dem gleichen «System» heraus versuchen, in dem sich auch unser Problem befindet. Wir versuchen es mit Argumenten und positivem Denken, aber oft klappt das einfach nicht – wir sind immer noch ängstlich oder wütend oder gestresst, auch wenn wir es lieber nicht wären. Um hier wirklich dauerhaft und tief greifend etwas zu verändern, müssen wir das System wechseln und umschalten – vom Verstand, mit seiner eingeschränkten Funktion, auf das Herz. Dadurch ist es möglich, die meisten Einstellungen, Programme, Sichtweisen und Automatismen umzuwandeln und den Ereignissen des Lebens, auf die wir keinen Einfluss haben, intuitiv, selbstsicher und angemessen zu begegnen. Das erfordert Übung, Beharrlichkeit und Disziplin, ermöglicht es uns aber auch, uns von gewohnheitsmässigen negativen Reaktionen, einer konditionierten Sichtweise und vorschnellen Urteilen zu befreien und stärker aus dem Herzen heraus zu leben.

Minus-Gefühle und Plus Gefühle

Sehen wir uns einmal genauer an, welche Gefühle es gibt und was sie für unseren Energiehaushalt bedeuten. Grundsätzlich gibt es Gedanken und Gefühle, die uns Kraft kosten, und solche, die uns Kraft geben. Anstatt von negativen oder positiven Gefühlen zu sprechen, reden wir hier von Plus- und Minusgefühlen, weil sie aus Sicht des Körpers nicht richtig oder falsch sind, sondern effizient oder ineffizient.

Minus-Gefühle

Minus-Gefühle sind solche, die physiologischen Stress auslösen und auf Dauer ungesund sind. Dazu zählen z.B. Wut, Ärger, Schuldgefühle, Scham, Unzufriedenheit, negative Bewertungen, Kritik, Vorwürfe, Groll, Gekränktsein, Eifersucht, Angst, Sorge, Mitleid, Überfürsorge und Einsamkeit. Dabei ist es aus der Sicht des Körpers vollkommen unerheblich, ob diese Gefühle berechtigt oder unberechtigt sind – die Wirkung auf unseren Organismus ist in beiden Fällen die gleiche. Die Gefühle führen zu einer Inkohärenz unserer Körpersysteme, bringen unser Nervensystem aus dem Gleichgewicht und sorgen für einen ungeordneten Herzrhythmus. Das kann auf Dauer zu ernsten gesundheitlichen Problemen führen, denn wenn unsere Energiereserven ständig für die Bewältigung von Stress und seinen Folgen gebraucht werden, dann bleibt zu wenig Energie für unsere Immunabwehr und die ganzen regenerativen Prozesse im Körper übrig. Darüber hinaus kosten Minus-Gefühle Energie und Kraft und verhindern, dass wir klar und effektiv denken können.

Plus-Gefühle

Plus-Gefühle sind Gefühle, die nicht nur angenehm sind, sondern sich auch wohltuend und regenerierend auf unseren gesamten Organismus auswirken, bis hinab auf die zelluläre Ebene. Dazu gehören Gefühle wie Liebe, Wertschätzung, Freude, Zufriedenheit, Zuversicht, Mitgefühl, Anteilnahme, Interesse, Verbundenheit, Sinnhaftigkeit, Wohlwollen, Freundlichkeit, Vergebung, Toleranz, und Mitfreude. Diese Herzens-Gefühle verbessern den Zustand und das Gleichgewicht des Nervensystems und sorgen für einen harmonischen, gleichmässigen Herzrhythmus. Darüber hinaus sorgen sie dafür, dass wir klarer und effektiver wahrnehmen, denken und handeln können, da sie für eine Kohärenz im ganzen Organismus sorgen und damit die Zusammenarbeit aller Systeme ermöglichen. Genau, wie wir Nahrung und Sauerstoff aufnehmen und sie in Energie verwandeln, können wir positive Gefühle aufnehmen und sie in Lebensenergie und Lebensfreude umwandeln. Plus-Gefühle sorgen für eine gesunde Energiereserve. Damit sind wir vital, flexibel und kreativ und fühlen uns kraftvoll und wohl. Ist unser Energiekonto dagegen im Minus, nehmen unsere Leistungsfähigkeit und Lebensqualität ab, wir fühlen uns müde und erschöpft und sind schnell überfordert.

Unser Energiekonto

Wir erleben pro Tag etwa 100 000 Gedanken und Gefühle und jeder dieser Impulse wirkt sich unmittelbar auf unseren Energiehaushalt und unseren körperlichen Zustand aus. Allerdings sind es die meisten Menschen nicht gewohnt, ihren Energiepegel mit ihren Gedanken und Emotionen in Zusammenhang zu bringen – dabei ist der grösste Teil unserer empfundenen Stressbelastung das Ergebnis dieses unablässigen Stroms. Uns sind im Lauf der Zeit negative Gedankenschleifen, Groll, chronischer Ärger, Vorwürfe und Angstprojektionen zur Gewohnheit geworden; sie bestehen aus einer Mischung aus starren Denk- und biochemischen Mustern (Ärger hat eine andere biochemische Signatur als z.B. Wut oder Unzufriedenheit). Sind diese Muster einmal in uns etabliert, zirkulieren die dadurch ausgeschütteten Stoffe dauerhaft durch unser System, auch ohne äusseren Auslöser.

Es ist nicht einfach, sich dieser gewohnheitsmässigen Gedanken und Gefühle bewusst zu werden. Dieses Bewusstsein ist aber die Voraussetzung dafür, dass wir etwas daran ändern können. Doch selbst wenn es uns bewusst ist, laufen die meisten dieser Vorgänge automatisch und ausserhalb unserer bewussten Kontrolle ab.

Minus-Gefühle (und Gedanken) kosten uns also Kraft und Energie, haben eine schädliche Wirkung auf unseren Körper und halten uns davon ab, klar, umfassend und effektiv zu denken und zu handeln, egal, ob diese Gefühle nun berechtigt sind oder nicht. Und wie wir gesehen haben, ist es auch wenig sinnvoll, sie auszudrücken oder zu unterdrücken. Beides ändert nichts an den physiologischen und psychologischen und psychischen Folgen unserer Stressreaktion. Aber was können wir dann aktiv tun, um unser Energiekonto auszugleichen und ein Guthaben anzusammeln? Zuerst einmal ist es wichtig, uns selbst und unsere Gedanken und Gefühle zu beobachten. Das ist nicht einfach, ist aber ein wichtiger Schritt in Richtung von mehr Lebensqualität. Achte darauf, wann du Kräftezehrend denkst und fühlst. Immer wenn du bemerkst, dass du gerade ein Minus-Gefühl oder einen Minus-Gedanken hast, kannst du ihn bewusst durch ein Plus-Gefühl wie Wertschätzung, Mitgefühl oder Toleranz ersetzen. Diese Umwandlung stoppt den Verlust an Energie, verändert deine Biochemie und sorgt dafür, dass du klarer und bewusster bist und dich wesentlich wohler fühlst.

Allerdings ist es anfangs durchaus anstrengend und erfordert Disziplin, regelmässig vom Kopf – mit seinen automatischen Programmen – auf das Herz umzuschalten und die ineffizienten, stressauslösenden Gedanken und Gefühle loszulassen. Wir definieren uns oft sehr über sie und haben das Gefühl, dass wir mit ihnen auch einen Teil unserer Identität loslassen. In Wirklichkeit sind wir jedoch viel mehr als unsere ängstlichen, ärgerlichen und überforderten Gedanken und Gefühle. Je mehr du deine Herzintelligenz entwickelst und nutzt, desto leichter wird dir der Prozess des Loslassens fallen und desto mehr wirst du zu dem Menschen, der du wirklich bist – und das ist sehr viel mehr, als deine automatischen Programme. Ein zweites Hindernis in diesem Prozess ist die Tatsache, dass wir uns bei unseren vertrauten (Minus-)Gefühlen sicher fühlen und mit der Zeit sogar eine Art biochemische Abhängigkeit entwickeln – auch wenn es so unangenehme Emotionen wie chronische Wut, Sorgen oder Unsicherheit sind, die wir bewusst gerne ändern würden.

Solange wir also nicht gelernt haben, unser Gefühlsleben zu trainieren und zu entwickeln, «passieren» uns Gefühle einfach, ohne dass wir irgendeinen Einfluss darauf ausüben könnten. In uns herrscht Chaos, das von einem unkontrollierten Verstand und unkontrollierten Gefühlen verursacht wird. Aber wie sollen wir unsere Gedanken und Gefühle kontrollieren und steuern, ohne dass auch dies wieder Stress verursacht und noch mehr Druck und Kampf?

Indem wir das System wechseln und auf unsere Herzintelligenz umschalten. Wenn wir auf unser Herz hören, können wir unsere emotionalen Reaktionen sofort kontrollieren und umwandeln, ohne in die negative Endlosschleife hineinzugeraten, die ein Minus-Gefühl oder Minus-Gedanke sonst immer nach sich zieht. Damit können wir unsere emotionale Geschichte nach und nach loslassen und verhindern, dass wir auf heutige Situationen mit den emotionalen Strategien und Belastungen unserer frühen Kindheit reagieren. Dann verursacht unsere Vergangenheit nicht länger unsere gegenwärtige Wahrnehmung und Reaktion, sondern spiegelt unseren heutigen erwachsenen Zustand wider.

Wir können unser Energiekonto also auf drei Arten füllen:

  1. Indem wir positive emotionale Energie aufbauen
  2. Indem wir unseren emotionalen Energieverlust durch Minus-Gedanken und Minus-Gefühle stoppen
  3. Indem wir emotionale Altlasten abbauen

Positive emotionale Energie bauen wir immer dann auf, wenn wir mit unserem Herzen und seinen Grundgefühlen verbunden sind oder diese bewusst aktivieren. Unseren emotionalen Energieverlust können wir dadurch stoppen, dass wir, immer wenn wir bemerken, dass wir ärgerlich, gestresst oder traurig sind, aktiv vom Kopf auf das Herz umschalten. Das verdrängt das Problem nicht, aber wir werden kohärenter und können dadurch klarer, intuitiver und umfassender denken und das Problem viel effektiver lösen. Emotionale Altlasten könne wir abbauen, indem wir systematisch Dinge aus unserer Vergangenheit, die uns nach wie vor belasten, loslassen.

Inkohärenz und Kohärenz

Grundsätzlich bedeutet Kohärenz, dass ein System oder mehrere Systeme in Harmonie miteinander sind. Funktioniert ein System kohärent, dann geht fast keine Energie verloren, da die einzelnen Teile harmonisch zusammenarbeiten. Darüber hinaus entsteht etwas, das grösser ist als die Summe seiner Teile – Synergie. Arbeiten die Teile eines Systems nicht harmonisch oder aufeinander abgestimmt, kommt es zu Energieverlusten, Interferenzen und Störungen im System – wir sprechen dann von Inkohärenz.

In Bezug auf unseren Organismus und auf unseren Fokus, das Herz, gibt es zwei Aspekte der Kohärenz: Zum einen die Kohärenz des Herzens selbst. Kohärenz bedeutet hier, dass das elektromagnetische Feld des Herzens geordnet ist und das Herz in einem harmonischen, gleichmässigen Rhythmus schlägt. Da das Herz der stärkste Taktgeber im Organismus ist – sein elektromagnetisches Feld ist etwa 5000-mal stärker als das unseres Gehirns und entsprechend leicht kann es alle anderen Systeme im Körper in seinen Rhythmus ziehen -, werden diese Informationen dann an alle Körperzellen weitergegeben. Arbeitet das Herz inkohärent, dann sendet es diese ungeordneten Signale ebenfalls an den ganzen Körper und an unsere Umgebung ausserhalb des Körpers.

Zum anderen bedeutet Kohärenz, dass alle wichtigen Systeme wie Atem, Puls, die elektromagnetischen Aktivitäten im Gehirn usw. mit dem Herzen in Übereinstimmung sind. Dieser Gleichklang wird auch Frequenzkopplung genannt.

Wie kann man den Grad an Kohärenz eines Menschen messen?

Den Grad der Kohärenz eines Menschen kann am besten an zwei Parametern festgestellt werden: Anhand der Herzratenvariabilität (HRV) und anhand des Herzrhythmus. Beides reflektiert am deutlichsten das emotionale Befinden und den Grad an Stress, den ein Mensch empfindet. Dabei misst die Herzratenvariabilität den Abstand zwischen einzelnen Herzschlägen, während der Herzrhythmus die Anzahl der Herzschläge pro Minuten beschreibt.

Die Herzratenvariabilität als Gradmesser unseres Befindens

Unser Herzrhythmus reagiert stark auf unsere Gedanken und Gefühle. Selbst kleine emotionale Veränderungen zeigen sich sofort in einer Veränderung der Herzfrequenz, aber auch im Muster der Herzratenvariabilität. Dabei erzeugen negative Gedanken und Gefühle wie Ärger, Angst oder Frustration ein ungeordnetes, unregelmässiges Muster der HRV. Die beiden Äste des vegetativen Nervensystems, der Sympathikus und der Parasympathikus, arbeiten nicht synchron, sondern kämpfen um die Kontrolle über den Herzrhythmus. Während der Sympathikus versucht, den Herzschlag zu beschleunigen, versucht der Parasympathikus gleichzeitig, ihn zu verlangsamen. Die Folge sind widersprüchliche Informationen, Energieverluste und ein generelles Unwohlfühlen bzw. Stress. Während stressige Gefühle Inkohärenz im Herzrhythmus hervorrufen, sorgen positive Gefühle wie Wertschätzung, Liebe und Mitgefühl für ein kohärentes Muster im elektromagnetischen Feld des Herzens.

Wenn wir Plus-Gefühle wie Liebe oder Wertschätzung empfinden, dann werden Herzrhythmus und Herzratenvariabilität kohärent und harmonisch. Das wiederum hat zur Folge, dass sich auch alle anderen Körpersysteme diesem gleichmässigen, geordneten und gesunden Rhythmus anpassen. Die Herzfrequenz wirkt sich nicht nur auf das Herz und andere Regelmechanismen wie den Hormonhaushalt aus, sondern auch auf die Fähigkeit des Gehirns, Informationen zu verarbeiten, Entscheidungen zu treffen, Probleme zu lösen und kreativ zu sein.

Wenn sich die Gehirnwellen mit dem Herzrhythmus bei 0,1 Hz koppeln (dieser Zustand wird auch Harmonie-Modus, Barorezeptorenband oder Barorezeptoren-Feedbackschleife genannt, man versteht darunter die Frequenzanpassung zwischen den HRV-Wellen, der Atmung und der Pulswellenlaufzeit), dann kommt es zu einer erhöhten geistigen Klarheit, einer verstärkten Intuition und einem Gefühl grossen Wohlbefindens. Hier arbeiten Kopf und Herz am besten zusammen und sind im Einklang. Wir können diesen harmonischen Zustand dauerhaft aufrechterhalten, indem wir uns auf die Gefühle des Herzens konzentrieren und unser Bewusstsein generell vom Kopf zum Herzen hin verlagern. Dann arbeitet unser Organismus im Optimal Zustand und wir können auf sehr viel mehr Ressourcen zurückgreifen. Viele Menschen, die über längere Zeit die Techniken der Herzintelligenz praktizieren, berichten von vermehrter Kreativität, dem Gefühl der Verbundenheit mit sich selbst und etwas Grösserem, von erhöhter geistiger Klarheit und Effektivität, besserer Gesundheit und von einer deutlichen Reduktion des Stressempfindens. Die Wahrnehmung verändert sich und Probleme und Herausforderungen werden weniger als Belastung und mehr als Chance empfunden. Die Herzintelligenz-Techniken verändern damit nicht nur akuten Stress und wandeln ihn um, sondern verändern die gesamte Grundstimmung und Grundtendenz des Lebens.

Die Folgen für unseren Organismus

Wir haben gesehen, dass die Gefühle, die wir täglich tausendfach erleben, unseren gesamten Organismus (ununterbrochen) fühl- und messbar beeinflussen. Sehen wir uns nun noch einmal kurz an, wie sich unsere Hauptkörpersysteme  (das vegetative Nervensystem, das Hormon- und Immunsystem und unsere Herz-Gehirn-Verbindung) verändern und welche Auswirkungen das für uns hat.

Das vegetative Nervensystem

Das vegetative Nervensystem besteht aus zwei Anteilen («Äste» genannt), dem Sympathikus und dem Parasympathikus. Während der Sympathikus den Körper auf Kampf oder Flucht vorbereitet, indem er die Herzfrequenz erhöht, den Atem beschleunigt, die Blutgefässe verengt und die Ausschüttung von Stresshormonen anregt (vor allem das bekannte Adrenalin) ist der Parasympathikus für unsere Entspannung zuständig. Er sorgt dafür, dass sich unsere Herzfrequenz verlangsamt, der Atem beruhigt und unsere Verdauung gut funktioniert. Unser vegetatives Nervensystem steht dadurch mit allen anderen wichtigen Systemen unseres Körpers in Wechselwirkung, wie dem kardiovaskulären System, dem Immun- und Hormonsystem und dem Verdauungsapparat. Gedanken und Gefühle, selbst solche, die uns nicht oder nur unterschwellig bewusst sind, beeinflussen die Aktivität und das Gleichgewischt unseres vegetativen Nervensystems sehr stark. Während Minus-Gefühle und Stress dazu führen, dass die beiden Äste nicht mehr koordiniert zusammenarbeiten und beide versuchen, den Herzrhythmus zu beeinflussen, führen positive Emotionen dazu, dass beide Äste effizient und harmonisch zusammenarbeiten. Plus-Gefühle erhöhen die Aktivität des Parasympathikus und reduzieren gleichzeitig die Aktivität des Sympathikus. Diese Kooperation verringert den Energieverlust, der bei einer gleichzeitigen Aktivierung beider Äste entsteht, und reduziert somit den Verschleiss in unserem Herzen, unserem Nervensystem und in den inneren Organen.

Das Hormonsystem

Ein zweites, wichtiges System für unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden ist das Hormonsystem. Bei Dauerstress steigt der Kortisol-Spiegel an, während gleichzeitig der DHEA -Spiegel (Dehydroepiandrosteron) sinkt. Kortisol ist ein Glukokortikoid und wird auch als «Stresshormon» bezeichnet. Es ist am Protein-, Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsel beteiligt und wird in übermässigen Mengen ausgeschüttet, wenn Menschen unter Stress stehen. Immer, wenn du an etwas denkst, das dich stresst, ärgerlich oder ängstlich werden lässt, gibt dein Gehirn die Anweisung an die Nebennieren, mehr Kortisol auszuschütten. Dieses Kortisol zirkuliert dann mehrere Stunden im Blut und kann zu noch mehr Ärger oder Angst führen.

DHEA ist eine Vorstufe der Sexualhormone, wie Östrogen und Testosteron, und gilt als «Anti-Alterungs-Hormon». Es spielt eine wichtige Rolle bei der Stärkung des Immunsystems, der Senkung des Cholesterinspiegels, der Anregung des Aufbaus von Knochen und Muskeln. Und es wirkt sich generell schützend und regenerativ auf viele Körpersysteme aus und bremst den Alterungsprozess. Wenn du viel DHEA produzierst, fühlst du dich fit und vital. Das Verhältnis zwischen Kortisol und DHEA im Körper wird oft als biologischer Anzeiger für Stress- und Alterungsprozesse verwendet. Je mehr Stress wir empfinden, desto mehr Kortisol wird ausgeschüttet und desto niedriger ist der DHEA-Spiegel, da beide aus der gleichen Vorstufe, dem Pregnenolon gebildet werden. Geraten wir unter Dauerstress, dann fährt unser Körper die Kortisol-Produktion dauerhaft hoch und es kann nicht mehr genügend DHEA produziert werden. Positive Gefühle wie Zufriedenheit, Mitgefühl, Freude und Liebe hingegen sorgen dafür, dass der Kortisol-Spiegel sinkt und gleichzeitig mehr DHEA gebildet wird. Wenn wir diese Grundgefühle des Herzens häufiger empfinden oder bewusst aktivieren, stellt sich unser System um, von der Kortisol-Synthese auf die Synthese von DHEA.

Das Immunsystem

Das dritte grosse Körpersystem ist unser Immunsystem. Emotionen wirken sich messbar auf unser Immunsystem aus. Messen kann man hier die Konzentration von IgA im Speichel, einem Immunglobulin, das als wichtiger Antikörper die erste Abwehrlinie des Körpers gegen Eindringlinge bildet. Die Konzentration von IgA erhöht sich deutlich, wenn man positive Gefühle wie Mitgefühl und Anteilnahme empfindet. Fünf Minuten aufrichtig empfundene positive Gefühle sorgen dafür, dass sich der IgA-Spiegel bis zu sechs Stunden erhöht, während fünf Minuten Wut die Ausschüttung von IgA bis zu sechs Stunden hemmt. Das bedeutet, dass Herzensgefühle und echte positive Gefühle das Immunsystem deutlich stärken, während negative Gefühlszustände die Immunreaktion stark unterdrücken oder hemmen können. Dabei ist es wirkungsvoller, die positiven Gefühle selbst hervorzurufen, als z.B. einem Film zu sehen, der positive Gefühle sozusagen «von aussen» auslöst.

Die Herz-Gehirn-Verbindung

Wie schon festgestellt, wirkt sich Stress auch auf die Zusammenarbeit zwischen dem Herzen und unserem Gehirn aus. Stress sorgt dafür, dass inkohärente Signale an das Gehirn weitergeleitet werden. Wenn sich der Herzschlag ändert, verändert sich auch die elektrische Aktivität in den Zellen des sogenannten Mandelkerns (in der Fachsprache «Amygdala» genannt). Der Mandelkern befindet sich im Gehirnkern und ist das Zentrum, das Reaktionen auf mögliche Bedrohungen aus der Umwelt koordiniert. Er dient als Speicher emotionaler Erinnerungen im Gehirn und hat massgeblich mit der Entstehung und Verarbeitung von Angst zu tun. Der Mandelkern verarbeitet Impulse von aussen und leitet entsprechende vegetative und verhaltensbedingte Reaktionen ein. Das bedeutet, dass der Mandelkern ganz entscheidend dazu beiträgt, wie wir etwas wahrnehmen, empfinden und darauf reagieren. Eine Aufgabe des Mandelkerns besteht z.B. darin, Vertrautes zu erkennen. Man hat herausgefunden, dass wenn schon bei kleinen Kindern die Rhythmusmuster des Herzens gestört sind, weil in der Familie Stress herrscht oder das Kind nicht genügend geliebt und unterstützt wird, der Mandelkern dann lernt, Chaos, Stress, Abwertung und Disharmonie als etwas Vertrautes anzusehen. Das kann im Verlauf des Lebens dazu führen, dass wir uns mit Stress, Misserfolg und Inkohärenz wohler fühlen als mit Kohärenz, Harmonie und innerer Übereinstimmung – einfach, weil es etwas Vertrautes ist. Das kann es sehr erschweren, positive Veränderungen im Leben herbeizuführen, da unser System im Zweifelsfall immer auf diese alten, vertrauten Muster und Reaktionen zurückgreift. Wir fühlen uns aber mit diesem Mangel nicht wirklich wohl und er verursacht Stress und Probleme beim Lernen und behindert unsere Kreativität und unser emotionales Wohlbefinden.

Gerade weil unsere Wahrnehmungen, Gedankenprozesse und emotionalen Reaktionen nicht objektiv sind, sondern stark von unseren emotionalen Erinnerungen beeinflusst werden, ist es so wichtig, diese Grundeinstellungen zu erkennen und gegebenenfalls durch andere, wohltuendere zu ersetzen. Ein Weg dorthin bieten die Techniken der Herzintelligenz. Sie können uns helfen, anstatt Stress und Inkohärenz, Harmonie, innere Übereinstimmung und Kohärenz als normalen, angenehmen Zustand zu empfinden. Dieser Harmonie-Modus entsteht, wenn du durch die Konzentration auf echte Grundgefühle des Herzens die HRV-Wellen mit der Atmung und der Pulswellenlaufzeit bei 0,1 Hz synchronisierst. Dadurch scheint die elektrische Aktivität des Gehirns ebenfalls in Harmonie mit dem Herzrhythmus zu gelangen. Da bedeutet, dass der Herzrhythmus die Kohärenz der Hirnstrommuster verändert und damit die Gehirnfunktionen beeinflusst. Das kann erklären, warum sich auch das Denken und Wahrnehmen positiv verändert, sobald der Herzrhythmus kohärenter wird, wir bringen das Gehirn in Harmonie mit dem Herzen. Diese innere Harmonie oder Frequenzkopplung führt dann zu einer dauerhaft erhöhten Klarheit, Lebensfreude und inneren Frieden und gleichzeitig verringern sich Angst, Sorge und Depression.

Herzintelligenz

Kommen wir nun noch einmal zu der Frage, was die Herzintelligenz, von der wir hier immer sprechen, eigentlich ganz genau ist. Wie alle umfassenden, feldförmigen Kräfte, lässt sie sich nicht genau definieren, wir könnten aber sagen, dass sie die Verbindung aus dem körperlichen Herzen und einer organisierenden, grösseren Intelligenz ist. Dabei fungiert das elektromagnetische Feld des Herzens als Träger dieser Intelligenz und unserer emotionalen Energiemuster. Diese Intelligenz ist eine Quelle der Weisheit, und sie ist in Bezug auf die Wahrnehmungs- und Verarbeitungsgeschwindigkeit unserer mentalen Intelligenz um ein Vielfaches überlegen, wie wir im Folgenden noch sehen werden. Dabei schliesst sie die mentale Intelligenz nicht aus, sondern umfasst sowohl die mentale als auch die emotionale Intelligenz, erhöht dabei aber beide. Sie ermöglicht uns den Zugang zu unserer eigenen höheren Intelligenz und gleichzeitig zu etwas Grösserem, von dem wir Teil sind. Wir alle haben diese Herzintelligenz, es ist nur die Frage, ob wir das auch wissen und ob und wie sie im Alltag nutzen.

Das Herz ist also der Sitz unserer Intuition und unserer Verbindung zu einer höheren Intelligenz, und die Herzintelligenz ist eine organisierende Kraft und gleichzeitig eine neue Form des Bewusstseins.

Wie wir schon gesehen haben, ist das Herz ein intelligentes System mit einer intelligenten Sprache, das Informationen unabhängig von unserem Gehirn verarbeiten kann. Und es sendet ständig Informationen in Form von neutralen (durch die Übermittlung von Nervenimpulsen), biochemische (über Hormone und Neurotransmitter), biophysikalischen (über Druckwellen/Puls) und von elektromagnetischen Botschaften (durch Wechselwirkung im elektromagnetischen Feld) an unseren gesamten Organismus. Damit beeinflusst es tiefgreifend, wie wir uns fühlen, denken, handeln und uns und unser Leben empfinden. Dabei ist das Herz mit seiner Intelligenz in keiner Weise weich, naiv oder emotional. Ganz im Gegenteil – von hier kommen Klarheit, Stärke und Integrität. Für viele Menschen ist das Herz gleichbedeutend mit Emotionen, dabei kommen die meisten Emotionen in Wirklichkeit aus unserem Kopf. Es gibt einen grossen Unterschied zwischen den vom Kopf kommenden und von dort gesteuerten Emotionen und echten Herzensgefühlen. Beide sind am Anfang manchmal nicht so leicht voneinander zu unterscheiden, aber mit zunehmender Übung und wachsender Klarheit wird das immer leichter. Herzensgefühle sind ruhiger, klarer, subtiler und immer Energiegebend. Mit dem Herzen geraten wir nicht in den Strudel der Emotionen, sondern seine Intelligenz verschafft uns erst die Kraftquelle, die hilft, unsere Emotionen von einer höheren Ebene aus umzuwandeln. Mithilfe des Herzens bekommen wir unsere unkontrollierten, chaotischen Emotionen in den Griff.

Sich an das Herz und seine Intelligenz zu wenden, ist nicht nur eine weitere Methode der Stressbewältigung, es macht etwas viel Grösseres. Es gibt dir die Macht und Kontrolle über deine automatischen Reaktionen zurück, die dein Leben ganz entscheidend prägen, und sie bringt eine völlig neue, intelligentere Sichtweise ins Spiel. Du bist dadurch in der Lage, dich schneller von all den Stress- und Minus-Reaktionen zu befreien, die sich im Laufe deines Lebens angesammelt haben und sich durch eine permanente Aktivierung in deine Gehirnschaltkreise neurologisch tief eingeprägt haben und die dich so viel Energie und Lebensfreude kosten. Indem du positive Herzensgefühle erzeugst, verdrängst du nicht deinen zugrundeliegenden Stress, sondern die Kohärenz, die dadurch entsteht, sorgt dafür, dass du die Probleme von einer höheren Warte aus betrachten kannst. Das ist kein aufgesetzter, künstlicher Optimismus oder positives Denken, sondern ein tiefes Gefühl der inneren Sicherheit und Souveränität, die dadurch entsteht, dass wir mit dem Wissen unseres Herzens verbunden sind. Das Herz ist also auf der einen Seite ein Transformator für Stress, der Signale an das Gehirn sendet, mit denen wir unsere Stressreaktion wesentlich schneller umwandeln können. Auf der anderen Seite schafft unsere Herzintelligenz aber auch Erfüllung. Wir haben durch sie Zugang zu unserer höheren Intelligenz, die normalerweise durch all den inneren Lärm und das Chaos, das die Inkohärenz verursacht, überhaupt nicht zu uns durchdringt. Diese Intelligenz kennt unseren Weg und weiss immer, was das Beste für alle Beteiligten ist.

Die verschiedenen Ebenen unserer Intelligenz

Es gibt mehrere Möglichkeiten, unsere verschiedenen Arten von Intelligenz zu unterteilen. Zum einen lässt sich unsere Gehirnfunktion in drei Ebenen einteilen. Die erste Ebene steuert viele unserer instinktiven Reaktionen, z.B. den Flucht- oder Kampf-Reflex und unsere vegetativen Funktionen. Diese Gehirnfunktion ist vor allem im Hirnstamm lokalisiert, ist entwicklungsgeschichtlich die älteste und mit dem sogenannten «Bauchgehirn» verbunden. Die zweite Ebene ist für die Verarbeitung von Emotionen und Erinnerungen zuständig – sie findet sich vor allem im Thalamus, in der Amygdala und im Hippocampus. Die dritte Ebene findet sich vor allem in der Grosshirnrinde und im Neokortex. Sie ist entwicklungsgeschichtlich die jüngste und für unsere kognitiven Fähigkeiten wie Denken, Planen, Analysieren, Verstehen und Schlussfolgern zuständig. Sind diese drei Gehirnebenen nicht kohärent, dann arbeiten sie gegeneinander und senden völlig unterschiedliche Informationen und Anweisungen an unseren Organismus. Im Zweifelsfall setzen sich die entwicklungsgeschichtlich ältesten Gehirnteile durch, da ihre Informationen am tiefsten in unserem neurologischen System verankert sind. Setzen wir dagegen unsere Herzintelligenz ein, werden alle drei Bereiche kohärent und arbeiten reibungslos und effektiv zusammen (und ohne ständigen inneren Konflikt, an den wir uns schon so gewöhnt haben, dass er uns normal erscheint). Eine andere mögliche Unterteilung unserer verschiedenen Arten von Intelligenz ist die der drei «Gehirne»: das Bauchgehirn, das Herzgehirn und das (im letzten Absatz bereits thematisierte) Kopfgehirn.

Das Bauchgehirn besteht aus dem Nervensystem des Magens und des Solarplexus. Hier entscheiden wir oft, ob wir handeln sollen oder nicht. Und auch, wenn wir im Sprachgebrauch oft von «Bauchgefühlen» sprechen, wenn wir unsere Intuition meinen, finden sich hier weniger intuitive als mehr instinktive Reaktionen.

Auch das Herz hat sein eigenes Nervensystem, das unabhängig vom Kopfgehirn Informationen verarbeitet und auf sie reagiert. Wir haben gesehen, dass unser Herzgehirn mit dem Gehirn kommuniziert und dass z.B. die Zellen der Amygdala synchron mit dem Herzrhythmus arbeiten. Neuere Untersuchungen haben darüber hinaus etwas ausgesprochen Spannendes ergeben: Sie belegen, dass das Herzgehirn intuitive Informationen empfängt, bevor sie den Kopf erreichen. Das Herz erhält diese Informationen zuerst, dann werden sie an das Gehirn weitergeleitet und diese informiert dann den Körper, der daraufhin reagiert. Das bedeutet, dass das Herz auf viel mehr Informationen (und das auch noch schneller) zugreifen kann als unser Gehirn im Kopf.

Durch ein Umschalten vom Kopf auf das Herz, wird unser Herzrhythmus kohärenter. Dadurch werden nicht nur die drei Ebenen des (Kopf-)Gehirns besser miteinander synchronisiert, sondern auch Kopf, Bauch und Herz. So entstehen grosse Synergieeffekte, d.h. die Summe unserer Möglichkeiten ist grösser als die unserer einzelnen Systeme und wir haben über das Herz Zugang zu anderen, normalerweise nicht bewussten Ebenen der Realität.

Intellekt und Intuition

Eine dritte, weit verbreitete Unterteilung unserer Fähigkeiten ist die in Intellekt bzw. Kopf und Intuition bzw. Herz. Wir nehmen die Welt um uns herum ganz unterschiedlich wahr, je nachdem ob wir mit dem Kopf (also dem Gehirn oder Verstand) oder mit unserer Herzintelligenz in Verbindung stehen. Beide Instanzen verarbeiten Informationen, die unsere Verbindung zur Welt ausmachen, unsere Körperfunktionen steuern, unsere Einstellungen, Verhaltensmuster und Interpretationen bestimmen und für unsere Gefühlslage zuständig sind. Doch beide nehmen diese Fakten vollkommen unterschiedlich auf und interpretieren und verarbeiten sie auch ganz unterschiedlich. Das heisst, die Welt ist eine vollkommen andere, je nachdem, ob wir sie mithilfe unseres Verstandes oder unserer Herzintelligenz betrachten.

Kopf/Intellekt

Der Kopf oder Verstand arbeitet linear und logisch. Er erzeugt aus einzelnen Erfahrungen Verallgemeinerungen (z.B. «Alle Hunde sind gefährlich», «Ich kann nicht gut malen» oder «BMW-Fahrer halten nie am Zebrastreifen») und hat die Fähigkeit, Muster und Strukturen zu bilden (das sind unsere Einstellungen, Überzeugungen und Reaktionen). Das hilft uns, unsere Welt zu strukturieren, Dinge einzuordnen und ganz allgemein zu funktionieren. Oft schränkt es uns aber auch sehr ein. Strukturen machen uns starr und unflexibel und filtern die Realität sehr stark, da sie nur diejenigen Informationen passieren lassen, die deiner eingeschränkten Wahrheit entsprechen. Selbst wenn der nächste BMW-Fahrer am Zebrastreifen hält und dich dazu noch ganz freundlich anlächelt, wird das nicht bis zur Ebene der Überzeugungen vordringen, geschweige denn sie verändern. Das liegt unter anderem daran, dass uns unsere Strukturen ein Gefühl der Identität und Sicherheit vermitteln. Sie ordnen unsere Welt und machen sie, zumindest gefühlt, verständlich und kontrollierbar. Dieses Gefühl der inneren Ordnung und Stabilität ist zum Überleben notwendig, allerdings hat es bei den meisten von uns etwas überhand gewonnen. Wir können damit keine neuen Lösungen für Probleme finden und uns auch nur sehr schwer verändern. Dabei sind wir zu einer erstaunlichen Flexibilität fähig: Das Gehirn, in das unsere Muster, Verhaltensweisen und Einstellungen ja in Form neuronaler Netze eingeschrieben sind, ist zu völlig neuen Verschaltungen und Kombinationen fähig – die Neurobiologie nennt diese Fähigkeit «Neuroplastizität». Allerdings erfordert das zum einen den tiefen Willen zur Veränderung sowie Disziplin und Techniken, die uns dabei helfen, unsere neurologischen Gewohnheiten zu verändern.

Herz/Intuition

Im Gegensatz dazu geht unser Bewusstsein, wenn wir mit unserer Herzintelligenz oder Intuition verbunden sind, weit über das lineare und logische Denken hinaus. Dadurch reagieren wir nicht mehr reflexartig und automatisch, sondern der jeweiligen Situation angepasst. Wir werden flexibler und kreativer und finden neue Lösungen für alte Probleme. Die Herzintelligenz verarbeitet Informationen sehr viel komplexer und umfassender als der Verstand das kann, und sie ist dabei gleichzeitig direkter und wesentlich schneller. Sie gibt uns ein unmittelbares, intuitives Wissen, das uns wirkliche Sicherheit verschafft. Wir wissen etwas mit dem Verstand, aber wir verstehen es mit dem Herzen. Wenn wir mit dem Herzen und seinem Wissen in Verbindung stehen, dann beruhigen sich unsere Gedanken und wir können viel klarer und fokussierter denken. Unsere Interpretationen der Wirklichkeit werden rationaler und verständnisvoller und wir sind mit den Grundgefühlen des Herzens verbunden, wie Nicht-Bewerten, Wertschätzen und Toleranz. Das Gefühl, Kontrolle über das Leben zu haben, wird stärker und die Grundhaltung insgesamt zuversichtlicher.

Uns stehen immer beide Arten von Intelligenz zur Verfügung, die Frage ist nur, auf welche wir unser Bewusstsein richten. Das macht für das Leben einen fundamentalen Unterschied. Wenn du herausfinden möchtest, welchen Bus du nimmst, um pünktlich am Bahnhof zu sein, dann benutzt du deinen Verstand. Wenn du herausfinden möchtest, was dir in diesem Leben wichtig ist, wie du deinen Stress transformieren kannst und Erfüllung findest, dann frage zuerst deine Herzintelligenz. Am besten ist es, wenn beide harmonisch zusammenarbeiten, mit der Herzintelligenz als «Chefin» und dem Verstand als motiviertem «Mitarbeiter».

Wenn wir uns weiterentwickeln wollen und unsere Probleme, auch die globalen, lösen möchten, brauchen wir eine neue, schnellere und zuverlässigere Form der Intelligenz als die lineare, vergleichsweise langsame und starre, die wir bislang nutzen. Wenn wir mithilfe einer Bewusstseinsverschiebung vom Kopf auf das Herz Kohärenz erzeugen und damit beide Systeme effektiv zusammenarbeiten können, steht uns unser vollständiges Potenzial zur Verfügung. Das wirkt sich positiv auf unsere Reaktionszeit, unsere geistige Klarheit, unser emotionales Befinden und ganz konkret auf unser Hör- und Sehvermögen aus. Sind beide Systeme nicht synchron, sind wir weniger bewusst und unser Potential ist eingeschränkt. Leider nehmen wir das oft nicht bewusst wahr, sondern merken nur, dass wir nervös, gereizt, traurig oder gestresst sind. Trotzdem beeinflusst uns diese Inkohärenz bis hinab auf die zelluläre Ebene.

Wie aber können wir umschalten und bei Problemen statt des Kopfes unser Herz zum ersten Ansprechpartner machen? Zuerst, indem wir lernen, zwischen diesen beiden zu unterscheiden. Du wirst einen deutlichen Unterschied spüren, ob Gefühle und Gedanken mit dem Herzen verbunden sind und aus diesem kommen oder nicht. Herzensgedanken und Gefühle sind klar, geben Energie und sind reifer, d.h. sehen alle, nicht nur deine persönlichen Aspekte einer Situation, sie sind allerdings am Anfang auch oft subtil und leise. Zum anderen musst du lernen, bewusst umzuschalten und deine Aufmerksamkeit auch über längere Zeit im Herzen zu halten. Das mag nicht wirklich schwierig oder kompliziert klingen, ist in der Praxis allerdings oft gar nicht so einfach. Du arbeitest gegen eine lebenslange neuronale Gewohnheit an, die sich vertraut und «normal» anfühlt – nicht, weil sie die bessere Wahl ist, sondern weil wir sie schon so oft praktiziert haben. Auch wenn die Signale des Herzens oft sehr viel sinnvoller und effektiver sind, so stören sie doch unsere gewohnten Abläufe. Und selbst wenn sie uns einmal bewusst werden, finden wir tausend Argumente, um sie nicht umsetzen zu müssen. Die Herausforderung besteht also darin, bei Problemen nicht den normalen, vertrauten Weg zu gehen und die Lösung dem Verstand zu überlassen, sondern bewusst innezuhalten und auf die Intelligenz des Herzens umzuschalten. Es braucht am Anfang etwas Geduld, da unsere Verbindung zum Herzen über die Jahre abgebrochen ist und diese Sprache sehr viel leiser und subtiler ist als unsere lauten Gedanken und Gefühle. Und wir müssen diese leisen Impulse dann auch wirklich umsetzen, auch wenn uns am Anfang niemand die Garantie geben kann, dass es auch wirklich gute Ratschläge sind.

Verbindung mit etwas Grösserem

Wir haben gesehen, dass unsere Herzintelligenz mit etwas Grösserem verbunden ist. Zum einen mit unserer eigenen höheren Intelligenz, die unser wirkliches Wesen ausmacht, zum anderen verbindet uns unser Herz mit einem hochintelligenten Informationsfeld. Das nicht an Raum und Zeit gebunden ist bzw. diese überschreitet. Physikalisch spricht man von einem inhärenten, nichlinearen, nichtlokalen, multidimensionalen Bereich, der nach holografischen Gesichtspunkten funktioniert. Aus Sicht der Philosophie und Spiritualität spricht man von einer höheren Intelligenz oder von Bewusstsein, das im Taoismus z.B. als TAO bezeichnet wird. Forschungen zeigen, dass das Herz einen intuitiven Zugang zu diesem nichtlokalen Informationsfeld hat und deshalb Informationen früher empfängt (und davon auch wesentlich mehr) als das Gehirn und sie dann an dieses weiterleitet. Auf der anderen Seite würde dieser Zugang aber auch bedeuten, dass sich das Feld des Herzens nicht nur über die bislang messbaren 3 Meter erstreckt, sondern möglicherweise buchstäblich über die ganze Welt. Dieses Feld oder diese höhere Intelligenz beinhaltet unseren Zugang zu einem Gefühl von Sinn im Leben und das Wissen um eine tiefe Verbundenheit mit allem. Und je weniger Lärm und Dissonanz in unserem Organismus herrscht, desto leichter können wir unsere höhere Intelligenz wahrnehmen und in unser Leben integrieren. Ein Weg dorthin ist das bewusste Umschalten vom Verstand auf das Herz.